Historischer Verein Memmingen

Geschichtsforschung - Heimatpflege - Denkmalschutz

Projekt Stadtbildprägende Gebäude (2008)

Wer Gebäude, Straßen und Ortsbilder als Zeugnisse der Geschichte erhalten will, muss sie zuvor kennen und ihre Bedeutung verstehen. Der Historische Verein Memmingen e.V. will durch Erstellung einer Liste stadtbildprägender und wertvoller Gebäude, die nicht in die Denkmalliste eingetragen sind, einen Beitrag zum Bewusstsein für Erinnerungsorte und zur Verankerung von Ensembles und Gebäuden im Gedächtnis der Gesellschaft geleistet werden. Im folgenden eine illustrierte Auswahl.

Da sich der Historische Verein als Plattform für Diskussionen über Geschichtsforschung, Heimatpflege und eben auch Denkmalschutz versteht, sind selbstverständlich Anregungen und Ergänzungen willkommen.

A Bürgerliche Wohnhäuser (Neustadt)

In der Denkmalliste sind eingetragen:

  • Gartenpavillon (zwischen Bodenseestraße 2 und Kaisergraben 30)
  • Flachvilla (Buxacher Straße 1)
  • Villa Hieber (Buxacher Straße 28)
  • Villa (Kaisergraben 40)
  • Villa (Königsgraben 7)
  • Gartenhaus (Königsgraben 47)
  • Riedbachgut (Oberbrühlstraße 35)
  • Gartenhaus (Schießstattstraße 10)
  • Gartenhaus (Städtisches Wasserwerk 1)
  • Gartenschlösschen (Städtisches Wasserwerk 4)
Neunhoeffer-Villa (Augsburger Straße)

Der Fabrikbesitzer Rudolf Neunhoeffer erwarb im Februar 1897 die kleine Memminger Garnfabrik Kerler (mit 25 Arbeitskräften). Zu Beginn des 1. Weltkrieges arbeiteten 120 Menschen in der nun sog. Neunhoefferschen Bindfadenfabrik, die allerdings nach Weltkrieg, Inflation und Wirtschaftskrise ihren Betrieb einstellen musste. Die Villa an der Augsburger Straße erhielt 1907 durch Franz Unglehrt mit einem großen Anbau und der Eingangssituation an der Nordwestecke ihre heutige Gestalt.

Laupheimer-Villa (Moltkestraße)

Seit 2005 erinnert eine Haustafel an die Geschichte dieses Hauses, das 1927 nach Plänen des Stuttgarter Baurates P.J. Manz (1925) von Salomon Laupheimer und Mathilde geb. Strauß sowie Julius Laupheimer und Jeanette geb. Strauß errichtet wurde. Die beiden Ehepaare erkannten zu spät die vom Nationalsozialismus ausgehende Gefahr, so dass sie 1939 lediglich ihre Töchter in Sicherheit bringen konnten. 1942 wurden sie deportiert und ermordet. Das Haus gelangte in den Besitz von Dr. Norbert Zett, der hier ein Sanatorium betrieb. Seit 1977 ist das Gebäude in Staatsbesitz und Sitz einer Abteilung des benachbarten Finanzamtes.

Mietshäuser für Beamte (Buxacher-/Sedanstraße)

Zur Jahrhundertwende überstieg der Bedarf nach Wohnungen für Beamte und höhere Angestellte das Angebot an „besseren“ Wohnungen. Einem Wunsch des Stadtmagistrat nachkommend erstellte der Memminger Bauunternehmer Adolf Welker (Sitz im Antonierhaus) 1904 Entwürfe für drei Mietshäuser entlang der Sedanstraße hinter dem Engelkeller, von denen aber nur das nördliche an der Buxacher Straße ausgeführt wurde.

Siedlungsbau (Buxacher-/Buxheimer Straße)

Der Wohnungsbau war eines der großen Probleme Memmingens im 20. Jahrhundert. Nach dem 1. Weltkrieg entstanden Kleinwohnungsbauten, Wohnbaracken und größere Wohnblöcke. In der NS-Zeit entstanden eine geschlossene Karl-Wahl-Siedlung für „bewährte Parteigenossen“. Auf Betreiben der NS-Kreisleitung wurde eine „Gemeinnützige Siedlungs- und Baugenossenschaft“ gegründet, die vor allem Häuser an der Buxheimer und an der Buxacher Straße errichtete (1937/38).

1. Memminger Hochhaus (Buxheimer-/Laberstraße)

Im September 1959 feierten Stadt und Memminger Wohnungsbaugenossenschaft das Richtfest für das „1. Memminger Hochhaus“ an der Buxheimer Straße, dem damals höchsten Gebäude der Stadt. Das vom Architekten F. Häberle geplante Gebäude bot auf 9 Stockwerken Platz für 45 Wohnungen und war damit ein wichtiger Beitrag zur Behebung der Wohnungsnot nach dem 2. Weltkrieg.

B Industrie- und Gewerbebauten (Neustadt)

In der Denkmalliste sind eingetragen:

  • ehem. Pulvermühle (Am Stadtweiher 4)
  • ehem. Untermühle (Donaustraße 30)
  • ehem. Obere Bleiche (Haußmannstraße 94)
  • Fabrikbau/Wasserwerk (Städtisches Wasserwerk 2)
  • Untere Bleiche (Untere Bleiche 10)
Firma Haußmann (Haußmannstraße)

Bereits 1855 hatte sich der Nördlinger Tuchmachermeister Friedrich Haußmann in Memmingen angesiedelt. 1862 errichtete er sein erstes eigenes Fabrikgebäude mit Spinnerei, Tuchschererei und Appretur, wozu er die Tuchwalke und die Bleiche am Walkenbach im Osten der Stadt erworben hatte. Der Betrieb erhielt 1875 Dampfkraft; bis 1895 wurde der Betrieb weiter ausgebaut. Um die Jahrhundertwende waren dort etwas mehr als 150 Personen beschäftigt.

Kunstmühle Huetlin&Roeck (Donaustraße)

Nach Plänen von Franz Unglehrt wurde 1912 der Neubau der Kunstmühle Hüetlin&Roeck an der Donaustraße errichtet. Um diese, eine der größten Mühlen Schwabens, in Memmingen zu halten, war der Stadtmagistrat zu Zugeständnissen bei der Anwendung der Schrannenordnung und des Mehlaufschlags bereit. „Kunstmühle“ deshalb, weil in neuzeitliche Mühlen der Transport des Getreides zu den Reinigungsmaschinen, den Schälmaschinen und Spitzgängen, von diesen zu den Mahlgängen, Sortiermaschinen etc. durch mechanische Vorrichtungen (Mehlschrauben) vor sich geht. Vorübergehend war die Mühle im Sommer 2000 Kultur- und Veranstaltungsort der Landesgartenschau.

Gutmann-Fabrik (Lindenbadstraße)

Nach dem Zusammenbruch der Strickwarenfabrik Julius Gutmann 1931 kaufte die kath. Gemeinde das erst 1923/24 nach Plänen des Memminger Architekturbüros von Regierungsbaumeister Dr. ing. E. Rall errichtete Verwaltungsgebäude an der Lindenbadstraße um in diesem – nach einem kurzen Umbau – am 1. März 1932 das neue Kinderheim „St. Hildegard“ zu eröffnen. Bis Sommer 2007 auch der Sitz einer Ordensgemeinschaft (Mallersdorfer Schwestern).

Firma Metzeler (Donaustraße)

Zu Beginn des Jahres 1863 erhielt der geborene Memminger Robert Friedrich Metzeler von der Stadt München die Konzession für eine Gummiwarenhandlung. Mehr als 100 Jahre später siedelte sich die Firma im Norden Memmingens an. Der Gebäudekomplex zeigt vor allem in seiner der Donaustraße zugewandten Seite Industriearchitektur der Nachkriegszeit.

Firma Hans Kolb Wellpappe (Dr.-Karl-Lenz-Straße)

Am 18. Mai 1990 wurde das neue Verwaltungsgebäude der 1933 gegründeten Kartonagenfabrik Kolb von Weihbischof Max Ziegelbauer eingeweiht. Architekt des Gebäudes war das Münchner Architekturbüro Eiffler.

C Bauten für Infrastruktur, Verwaltung und öffentliche Einrichtungen (Neustadt)

In der Denkmalliste sind eingetragen:

  • Kath. Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt (Augsburger Straße 14)
  • ehem. Postamt (Bahnhofstraße 1, heute Kunsthalle)
  • ehem. Pflasterzollhaus (Bodenseestraße 2)
  • Bismarckturm (Bodenseestraße 56)
  • Kath. Kapelle (Buxheimer Straße)
  • Sühnekreuz (Buxheimer Straße)
  • Alter Friedhof (Friedhofweg 9)
  • Standbild Burkhard Zingg (am Königsgraben nördlich der Buxacherstraße)
  • ehem. Schanzmeisterhaus (Schanzmeister 1)
  • Bismarckschule (St.-Josefs-Kirchplatz 1)
  • Rentamt (St.-Josefs-Kirchplatz 2, heute Amtsgericht)
  • Kath. Stadtpfarrkirche St. Josef (St.-Josefs-Kirchplatz 5)
Reiterstellwerk (südlich des Bahnhofes)

Das Reiterstellwerk vom Typ E 43, Stellwerk 3 des Memminger Bahnhofs, wurde 1933 in Betrieb genommen und im Juli 2000 außer Betrieb gestellt.

Amtsgericht (Buxacher Straße)

In Anlehnung an örtliche Vorbilder errichtete Oberbaurat O. Voit 1905/06 ein Gebäude für das Memminger Amtsgericht (Buxacher Straße 6, Vollendung im Okt. 1906). Nach 1945 erhielt das Gebäude einen Anbau, in den auch der heutige Eingang integriert wurde.

Bürgerheim (Spitalgasse)

Neben der Frauenkirche stand einst das Spitäle, 1484 von Bürgermeisters Ludwig Metzger gestiftet. Dieses Pfründhaus wurde 1910 von der Stadt erworben und 1924 abgebrochen. An seiner Stelle errichtete Oberbauverwalter Xaver Brückle (von 1919 bis 1953 in städtischen Diensten) ein – wie Julius Miedel in seinem Stadtführer von 1929 vermerkt – äußerlich wie innen wohl gelungenes städtisches Altersheim – das sog. Bürgerheim.

Stadionhalle (Bodenseestraße)

Bereits 1913 plante der Stadtmagistrat unterhalb des Bismarckturmes einen Volkspark. Im Vorfeld des Schwäbisch-Bayerischen Bezirksturnens und des Schwäbisch-Bayerischen Sängerfestes 1929 erwarb die Stadt 1927 entsprechende Grundstücke am Hühnerberg. Nach Plänen des bekannten Augsburger Kirchenbaumeisters Thomas Wechs unter unter maßgeblicher Unterstützung der Bürger- und Engelbrauerei, der Sänger- und Turnervereine sowie der Bäcker- und Metzgerinnungen ließ die Stadt eine moderne Festhalle errichten, die dann tatsächlich zum Schauplatz des Bundessängerfestes wurde. Der Bau glänzt durch seine moderne Konstruktion und dürfte wegen seiner Lage gegenüber der Stadiontribüne eines am meisten beachteten Gebäude Memmingens sein – von seiner Rolle bei Kinderfest und Fischertag ganz zu schweigen.